62 Saft und Käsekuchen

Mehr Kalorien durch Saft.
Den Vorschlag meines Freundes nahm ich zuerst widerwillig an.
Der Auslöser war, als ich vor einigen Wochen morgens das Haus verließ, u.a. trainierte und nachmittags zurückkam.
Das Problem war: Ich verließ morgens das Haus ohne Shake!
Diese Lücke holte ich nicht mehr auf und bis zum Abendessen wies ich eine Kalorienmenge von etwa 1.636 kcal auf!
Mein Freund wurde sauer deswegen, Unverständnis sah ich in seinem Gesicht.
Er schlug im leicht forschen Ton vor, noch heute Abend Saft statt Wasser zu trinken, um mir schnell und in flüssiger Form Kalorien zuzuführen.


Allein die Vorstellung gefiel mir gar nicht:
Fruchtzucker, Kohlenhydrate, kein Eiweiß und abends kaum Bewegung…
Er verstehe nicht, dass ich nicht gegen dieses große Kaloriendefizit ansteuere und ich es noch heute in den Händen hätte, genügend Kalorien zu mir zu nehmen. Dass so ein Tag wie heute alles zunichte mache, meine Erfolge der letzten Monate somit für die Katz´ seien.


Ich fühlte mich provoziert. Es lag weniger an dem, was er sagte, sondern wie er es sagte.
Dennoch stand ich auf, ging gegen meinen Willen zum Flurschrank und holte eine Packung 100 %-Direktsaft heraus. Ich probierte einen Schluck. Lecker war er!
Ich füllte meine Tasse halb mit Saft und goss sie mit Sprudel auf.
Da lachte mein Freund. Sein Lachen wirkte echt und nicht ins Lächerliche gezogen.
Mein Argument war, dass es mir sonst „zu viel“ sei, zu süß.
Es stimmte zwar, aber der zweite Grund war die nun so gestreckten Kalorien.
Nun ja, seither trinke ich täglich einen Liter Saft!


Als ich allein in der Küche war, wog ich die Saftpackung vorher und nachher: 220 ml Saft, 110 kcal, auf zwei Tassen verteilt. Ebenfalls machte ich mir einen großen Quark. Mit Banane!
Seit ewigen Zeiten zum ersten Mal.
Hmm, lecker! Und matschig-pampig, das mag ich gern.
Danach musste ich wissen, wie mein Bauch aussieht. Doch zum Spiegel zu gehen, war keine gute Idee…
Zu voll, zu viel, unästhetisch in meinen Augen…
Mein Trost war, dass ich vor 20 Uhr mit dem Essen fertig war – früher als sonst – und ich bis Mitternacht auf war. Mehr Zeit zum Verdauen…


Immerhin beschloss ich, dass ich am Folgetag nicht trainieren werde.
Kurz überlegte ich, ob ich morgens nicht mal wieder die große Runde laufe:
Während Fitnessstudios coronabedingt von Mitte März bis Mitte Mai geschlossen hatten, lief ich zweimal die Woche gut 55 Minuten draußen. Seit die Zwangspause aufgehoben ist, laufe ich meinen Weg zum Studio als Warm-up sowie Cool-down.
Demnach erhöhte ich die Laufhäufigkeit von zweimal die Woche auf das Zwei- bis Dreifache, wenn auch für eine kürzere Strecke.
Doch in der zweiten oder dritten Woche nach Wiedereröffnung sämtlicher Studios empfand ich diese 15-minütige Strecke als kleine Herausforderung für meinen Körper.
Die acht Wochen zuvor, in denen ich die lange Strecke lief, kamen mir leichter vor.


Nachmittags waren wir auf einem Geburtstag eingeladen – mit Kaffee und Kuchen…
Es ratterte in meinem Kopf…
Kaffee und Kuchen: Ein weiterer Grund, dass ich das Training ausfallen lasse. Denn, sobald es ums „Woanders-Essen“ und vor allem um „Kuchen“ geht, habe ich Probleme, mein Kalorien-Soll zu erreichen.
Letztendlich war ich morgens laufen – gut fürs Gewissen, nicht gut fürs Kalorien-Plus.


Auf dem Geburtstag aß ich anders als erwartet: Ich genehmigte mir selbst gemachte Pancakes (mit Datteln, Bananen, Dinkelmehl), die ich in Absprache zum Geburtstag mitbrachte. Doch was nicht geplant war und in einer spontanen Kurzschlussreaktion endete, war die Tatsache, dass ich eine dünne Scheibe Käsekuchen probierte – nach einem Familienrezept: Boah, war der gut!!! So lange war es her, dass ich den Geschmack von Käsekuchen, ich nenne es mal, „verinnerlichte“…
Zu Abend gab es Wraps, wovon ich zwei aß.
Und nach jedem Essen kontrollierte ich meinen Bauch im Badezimmer.
Er gefiel mir nicht. Gewissensbisse plagten mich – wie so häufig.

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