20 Pregorexie – Die Schwangerschafts-Magersucht

Immer wieder merke ich, dass ich an trainingsfreien Tagen darauf achte, abends keine bzw. kaum Kohlenhydrate zu mir zu nehmen.
Allerdings auch oft unabhängig vom Training, wenn wir Besuch haben oder wir zu Besuch sind: Da „kann“ ich irgendwie nur eingeschränkt essen und mich eingeschränkt bewegen. Damit will ich sagen, dass ich zu Hause alles habe, was ich meine zu brauchen (wie Quark, Frischkäse). Es ist sogar des Öfteren vorgekommen, dass, wenn wir woanders sind, ich meinem Freund leise zu verstehen gebe, dass wir bitte jetzt fahren, da ich Hunger habe und bisher zu wenige Kalorien zu mir genommen habe. Und das kann nicht sein. Ich bin dann die Spaßbremse (meinem Freund gegenüber. Dann kann ich auch verstehen, wenn er sauer ist). Die anderen wissen nicht, weshalb wir z. B. an einem Samstagabend gegen 22 Uhr fahren. Für einen Samstag relativ früh, wenn man Sonntag ausschlafen kann; für mich ist 22 Uhr allerdings spät, wenn ich ans Essen denke.


Mir ist bewusst, dass es nicht leicht mit mir sein kann. Mein Freund sagte die Tage, dass er gern spontan abends mit mir essen fahren würde, verschiedene Restaurants (auch Richtung Fast Food) testen möchte, aber er weiß, dass das mit mir nicht geht. Es tut mir auch leid… Was das angeht brauche ich eine gewisse Vorlaufzeit. Ich muss mich drauf einstellen können – und ja, ich würde dann vermutlich die vorherigen Mahlzeiten dem Auswärtsessen anpassen: also, weniger und gleichzeitig kohlenhydrat- bzw. kalorienärmer essen. Wahrscheinlich fahre ich dann auch extra vorher trainieren, um abends mehr, anders (also, untypisch für mich) und überhaupt auswärts essen zu „dürfen“. Alles Quatsch eigentlich – oder nicht???
Ja, doch. Manchmal denke ich mir: In meinem Fall ist es eigentlich dumm. Und dennoch finde ich in diesem Satz das Wörtchen „eigentlich“ wieder.

Ich muss zunehmen, wenn ich an später denke: Allein schon das Thema „Familienplanung“ sollte EIN, wenn nicht sogar DER Hauptgrund sein. Denn so glaube ich kaum, dass ich ein Kind in mir tragen könnte: Biologisch nicht sowie psychisch nicht.
Ich befürchte, dass sobald der Bauch dicker wird, ich …, ja… durchdrehe…
Und das Kind kann nichts dafür. Es darf nicht durch meine Gedanken und die Angst vorm Zunehmen und vor einem dicken Bauch gefährdet werden.


Vor längerer Zeit hatte von dem Begriff „Pregorexie“ gelesen.
Anders ausgedrückt: Schwangerschafts-Magersucht“; zusammengesetzt aus den Wörtern “pregnant” (schwanger) und “anorexia” (Magersucht).
Sie beschreibt den Rückfall ehemaliger Magersüchtige in der Schwangerschaft aus Angst vor der Gewichtszunahme.
Und ehrlich gesagt: Ich befürchte, dass ich diese bekommen würde…


Die Annahme, dass sich ein Baby während der Schwangerschaft nimmt, was es zum Wachsen und (Über-)Leben braucht, klingt einerseits beruhigend.
Andererseits können dadurch Folgeerscheinungen wie Osteoporose, Herzschwierigkeiten, erhöhter Blutdruck oder unregelmäßiger Elektrolythaushalt für die werdende Mutter entstehen (siehe https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article119671445/Wenn-die-Mutter-hungert-und-das-Baby-auch.html).


Doch so oder so soll sich dieser Prozess laut Studien nicht allein auf die werdende Mutter auswirken, sondern auch auf das Baby übergreifen:
Eine Unterversorgung an Nährstoffen kann Entwicklungsstörungen und Wachstumsverzögerungen mit sich bringen, zu Früh- und sogar zu Fehlgeburten führen. Die Beziehung von Mutter zu Kind soll oftmals angegriffen sein, indem die Mutter depressiv und dem Kind gegenüber gefühlskalt sein kann.
Soweit möchte ich es nicht kommen lassen!
Bereits jetzt habe ich Angst! Angst vor meinen Gedanken, sobald ich schwanger wäre, und Angst davor, meinem Baby zu schaden!

Dazu fand ich zwei interessante Artikel, deren Links ich unten angebe.
In einem war die Rede von Essstörungskliniken, die sich bewusst schwangeren Anorektikerinnen annehmen. Ein „Essvertrag“ soll neben regelmäßigen Kontrolluntersuchungen (Ultraschall) die Sicherheit des Babys gewährleisten. Ermutigend ist es, dass Betroffene nicht allein sind. Schwanger oder nicht: Essstörungen erschweren und gefährden Leben – nicht nur das eigene…


Genau zum Thema „Nachwuchs“ führten mein Freund und ich jetzt ein Gespräch. Bei diesem Punkt hängt bei mir mehr dran, als bei den meisten, „normalen Menschen“, die sich nicht so auf ihren Bauch, Ernährung und Sport fokussieren. Auf jeden Fall ging ich aus dem Gespräch optimistisch heraus, denn es verlief sehr gut! Ich denke, es reicht, wenn ich schreibe, dass wir offen über alles reden konnten und er sich mit mir Nachwuchs vorstellt. So kam es auch zu den Themen „meine Ernährung“ und „Gewichtszunahme“. Seit diesem aufschlussreichen Gespräch bin ich wieder motiviert und ich versuche mich heute daran, nicht so aufs Abwiegen von Lebensmitteln zu achten und habe bisher auch nichts in die Fitness-App eingegeben.
Allerdings habe ich es wohl wieder mit dem Training übertrieben:
Geplant war, heute nur Oberkörper zu trainieren (anstatt meines Ganzkörperplans auszuführen), da ich seit zwei Tagen Muskelkater in der Oberschenkelrückseite (Beinbizeps) habe. Schon ungewohnt für mich, Muskelkater zu haben, aber ja: Ich habe es auch vorgestern mit dem Training übertrieben.
So dachte ich, ich benötige heute etwa eine Stunde fürs Training…
Fast eindreiviertel Stunden waren es – nur für Oberkörper und Bauch!

Es kann auch nicht sein, dass ich regelmäßig innerhalb von einer Stunde, kurz vorm Schlafen, zwei große Schüsseln Quark esse, nur um einem Kaloriendefizit zu entgehen (beide „Quarks“ mit “Toppings” (wie Kakao, Öl, Nüsse etc.) enthalten etwa 1.070 kcal). Manchmal ist es wirklich so, dass ich durch diese zwei Schalen „Quark“ die Hälfte der Kalorien auffange, die ich tagsüber zu mir genommen hatte.


Was ich aber positiv aus dem heutigen Tag mitnehme ist, dass ich mein Müsli morgens mit einem Esslöffel abgemessen und drei Scheiben Brot mit Ei und zwei Scheiben Käse gegessen habe.
Ich wollte mir auch eine Möhrentarte machen, habe ich aber zeitlich nicht geschafft.
Ja gut, laut Rezept wird Schlagsahne verwendet: Ich kaufte „Cremefine“.

Es ist ein langsames Herantasten. Für mich eine große Wende, überhaupt etwas Sahneähnliches zu nutzen …
Dennoch glaube ich, es ist verständlich, dass man nicht alles von jetzt auf gleich umkrempeln kann. Ich esse bereits seit Monaten Speisequark mit 20 % Fett abends vorm Schlafen und wenn ich Scheibenkäse esse, handelt es sich um die Vollfett-Variante. Zuvor war es Magerquark und Käse light.
Kleine, aber wichtige Schritte, wie ich finde.


Auch muss ich sagen, dass mein Freund recht hat:
Wenn ich nicht mehr abends so spät und so viele Kalorien zu mir nehmen möchte, muss ich tagsüber mehr und gehaltvoller essen. Logisch.
Es stimmt, dass ich viele „leere“ Kalorien in Form von Gemüse esse. Auch esse ich nicht gerade kleine Portionen, aber eben Mahlzeiten, in denen nicht viel drinsteckt. Neben Vitaminen und Mikronährstoffen ist wenig enthalten, was Zunehmen und Muskelaufbau fördert (dies wären insbesondere die Makronährstoffe: Eiweiß, Kohlenhydrate, Fett).
Auch wenn ich es weiß: Es scheint mir so, als wenn die zum Teil unbewusste Angst vor dem (schnellen) Zunehmen bisher immer siegte.
Trotzdem muss ich diesen langen Weg endlich und endgültig gehen.

Weiterführende Infos über „Pregorexie:
https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article119671445/Wenn-die-Mutter-hungert-und-das-Baby-auch.html

https://www.ma-gazin.de/pregorexie-7-fakten-zur-magersucht-in-der-schwangerschaft/


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